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Reiseleben - »Impressionen in Griechenland«

»Zehn Wochen auf fünf Quadratmetern«

Seit gut zehn Wochen sind wir bereits »on the road« und haben inzwischen 6400km (Stand 30.10.21) mit unserem roten VW-Bus zurückgelegt. In dieser Zeit haben wir auf über 35 Campingplätzen übernachtet und auch einige schöne, freie Stellplätze gefunden.

Unser Alltag hat sich längst gut eingespielt: Überlegen, wo es als nächstes hingehen soll, Koordinaten eingeben, fahren, unterwegs einkaufen, Camp aufschlagen und dabei Sonnenstand, Wind und Wetter mit einbeziehen, kochen, immer wieder mal ein Tavernen Besuch, ab und zu ein Städtebummel. Fast auf jedem Campingplatz machen wir Bekanntschaft mit Hunden oder Katzen, die schauen, ob es bei uns was zu holen gibt oder was wir so machen.

Gelegentlich geht mal etwas kaputt oder verloren. Ein Jeans ist zerrissen. Sie wurde kurzerhand zur Short umfunktioniert und die Hosenbeine dienen jetzt als Putzfetzen. Ein weiterer Verlust tut schon mehr weh. Meine (Martins) schwarze Lederjacke, gleichzeitig das einzig halbwegs festliche Kleidungsstück für Stadt- und Restaurantbesuche, hängt vermutlich irgendwo in einem Restaurant in Bulgarien. Der Finder möge viel Freude damit haben! Ein defekter Verschluss der Armbanduhr wurde kostenlos in einem Uhrenladen in Olympia repariert. Danke! Also eigentlich keine besonderen Vorkommnisse.

»Spätsommerliche Landschaften«

Unterwegs lassen wir die vorbeiziehende Landschaft auf uns wirken. Endlose Olivenhaine, Felder mit Gewächshäusern für Gemüse, Eukalyptuswälder, Hügellandschaften, steile Bergpässe ins Hochgebirge, dort und da ein kiesiges Flussbett, das aber meist kaum Wasser führt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht irgendwo das Meer sehen.

Was uns jetzt, Ende Oktober, besonders auffällt: überall wächst Gras – alles wird von Tag zu Tag grüner. Sogar bunte Blumen blühen da und dort. Die herbstlichen bunten Blätter, die wir zu Hause so bewundern, sucht man hier allerdings vergeblich.

Die Badesaison ist ziemlich vorbei. Viele Tavernen, Strandlokale und Ferienanlagen haben bereits geschlossen. Die Einheimischen tragen bereits dicke Jacken und lange Hosen, obwohl es für uns immer noch sehr angenehm warm ist.

Abends wird es inzwischen schon ab ca. 19:00Uhr dunkel. Wenn wir noch eine Runde Kniffel spielen wollen, brauchen wir schon eine kleine Beleuchtung. Mal sehen wie das wird, wenn demnächst die Zeit umgestellt wird?

»Dem Leben zugewandt«

Wir besuchen gerne Friedhöfe. Jedes Land hat seine eigenen Formen der Erinnerungskultur. Wir schreiten langsam an den weißen Gräbern mit Marmorplatten entlang und betrachten die Fotos der Verstorbenen. Anders als bei uns sind es oft keine Portraitaufnahmen, sondern Bilder mit Alltagsszenen. Ein Foto zeigt ein Ehepaar, das sich mit einem Glas Wein zuprostet. Sehr liebenswürdig und dem Leben zugewandt. Außerdem fällt uns auf, dass neben dem Kreuz auf dem Grabstein auch manchmal eine Figur des Auferstandenen Christus aufgestellt wird.

»Ja, mia san mitm Radl da«

Wann immer es möglich ist, fahren wir eine Runde mit dem Fahrrad. Wir finden tatsächlich nach einigen Wochen – es ist ja bekanntlich alles sehr gebirgig hier - eine moderate Strecke über Dörfer, kleine Städte und an der Küste entlang. Mal abgesehen davon, dass uns mehrmals große, lautstark kläffende Rudel von Hunden entgegenrasen und bedrohlich nah kommen, genießen wir es sehr. Wir sehen sogar wieder wild lebende Landschildkröten und sogar eine Gottesanbeterin. Die schwefelhaltigen heißen Quellen von »Kyllini«, denen eine heilende Wirkung nachgesagt wird, betrachten wir mit Skepsis lieber nur von außen. Der olfaktorische Eindruck oder besser gesagt, der Gestank der Vorhölle, reicht uns völlig.

Nach dem Motto: »alles easy!«

Es ist kein Wunder, dass so viele Deutsche und Österreicher hier Urlaub machen. Die Einheimischen sind ausgesprochen freundlich und mit Englisch kommt man, anders als in Rumänien oder Bulgarien, spielend durch. An vielen Campingplätzen wird sogar Deutsch gesprochen. Dazu das warme, milde Klima, das vorzügliche, mediterrane Essen, die Sonne und das Meer. Was will man mehr?

Was uns aber noch viel mehr fasziniert, ist die große Unbekümmertheit, die uns überall begegnet. Es erinnert uns unweigerlich immer wieder an die eigene Kindheit in den 1970er Jahren: Überall sieht man rostige bzw. verschrammte Pritschenwagen (Pickup-Trucks). Nutzfahrzeuge im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie werden zum Bewegen von Waren aller Art verwendet: Baustoffe, Maschinen, Grüngut, Lebensmittel usw. Oft sitzen hinten noch ein paar Leute drauf und grüßen überschwänglich. Das Lieblingsgefährt der Griechen ist neben dem Nutzfahrzeug das Moped oder der Motorroller. Man sieht sie überall und bei nicht wenigen Exemplaren ist ein Zweifel über die Funktionsfähigkeit durchaus angebracht. Nummernschilder oder gar eine Beleuchtung sind der seltenen Premiumversion vorbehalten. Es soll zwar eine Helmpflicht geben – herumgesprochen hat es sich aber scheinbar noch nicht. Dagegen wirkt der Deutsche mit dem korrekten Fahrradhelm doppelt spießig.

In den Lokalen wird gelegentlich noch geraucht und es herrscht eine gesellige Atmosphäre, wo Jung und Alt zusammenkommen.

Mehrmals sehen wir am Straßenrand geparkte Autos mit Warnblinkanlage. Es handelt sich jedoch bei genauerem Hinsehen nicht um einen Notfall. Der Besitzer verrichtet lediglich, für alle gut sichtbar, sein Geschäft. Warum auch hinter den nächsten Busch gehen – viel zu anstrengend! Überhaupt, so kommt es uns vor, ist hier alles entspannter, lockerer und weniger hektisch.

 

Gewöhnungsbedürftig bleiben für uns allerdings immer noch die Süßwaren beim Bäcker. Es sind wahre Zuckerbomben, die nach dem Verzehr sofort ein kühles Pils als Kompensation fordern. Auch die Blechkuchen werden zusätzlich nochmal in eine gesättigte Zuckerlösung eingelegt. Nichts für uns!

 

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